Die überarbeitete Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) der Europäischen Union, die im Mai 2024 in Kraft getreten ist, stellt ambitionierte Ziele für die Renovierung von Nichtwohngebäuden auf. Diese Vorgaben haben das Potenzial, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in der EU erheblich zu beeinflussen. Im Folgenden werden die möglichen Auswirkungen analysiert und Lösungsansätze vorgestellt.
Neue EU-Vorgaben für Nichtwohngebäude
Die EPBD setzt verbindliche Ziele zur Verbesserung der am wenigsten energieeffizienten Teile des europäischen Nichtwohngebäudebestands durch Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz (MEPS):
- Bis 2030 müssen die 16% der am schlechtesten performenden Nichtwohngebäude renoviert werden
- Bis 2033 müssen die 26% der am schlechtesten performenden Nichtwohngebäude renoviert werden
Diese Ziele beziehen sich auf den Gebäudebestand zu Beginn des Jahres 2020 als Ausgangspunkt.
Potenzielle Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit
Positive Effekte
- Innovationsschub: Die strengeren Anforderungen könnten zu verstärkten Investitionen in Forschung und Entwicklung im Bereich energieeffizienter Technologien und Materialien führen, was die Innovationskraft der EU-Wirtschaft stärkt.
- Entstehung neuer Märkte: Die Renovierungswelle könnte neue Geschäftsfelder und Arbeitsplätze in der Baubranche und verwandten Sektoren schaffen.
- Langfristige Kosteneinsparungen: Energieeffiziente Gebäude reduzieren die Betriebskosten für Unternehmen, was ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig verbessern kann.
Herausforderungen
- Kurzfristige Kostenbelastung: Die notwendigen Investitionen in Renovierungen könnten insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen.
- Ungleiche Ausgangspositionen: Länder und Regionen mit einem älteren oder weniger effizienten Gebäudebestand könnten stärker belastet werden, was zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU führen könnte.
- Ressourcenknappheit: Die erhöhte Nachfrage nach Baumaterialien und qualifizierten Arbeitskräften könnte zu Engpässen und Preissteigerungen führen, was die Renovierungskosten in die Höhe treibt.
Lösungsansätze zur Abfederung negativer Auswirkungen
1. Gezielte finanzielle Unterstützung
- EU-Förderprogramme: Verstärkte Nutzung von EU-Mitteln wie dem NextGenerationEU-Aufbau- und Resilienzfonds zur Unterstützung von Renovierungsprojekten.
- Innovative Finanzierungsinstrumente: Einführung von grünen Anleihen, Energieleistungsverträgen (EPC) und On-Bill-Finanzierungen zur Mobilisierung privaten Kapitals.
2. Technische Unterstützung und Kapazitätsaufbau
- One-Stop-Shops: Einrichtung zentraler Anlaufstellen für Unternehmen, die Informationen, Beratung und Unterstützung bei Renovierungsprojekten bieten.
- Schulungsprogramme: Förderung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen zur Behebung des Fachkräftemangels im Renovierungssektor.
3. Anpassung des regulatorischen Rahmens
- Flexibilität in der Umsetzung: Ermöglichung einer schrittweisen Umsetzung der MEPS, um Unternehmen mehr Zeit für die Anpassung zu geben.
- Sektorspezifische Ansätze: Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen für besonders betroffene Branchen oder Gebäudetypen.
4. Förderung von Innovation und Industrialisierung
- Forschungsförderung: Verstärkte Investitionen in die Entwicklung kosteneffizienter Renovierungstechnologien und -methoden.
- Industrialisierte Renovierungsansätze: Unterstützung von Projekten wie INFINITE, die auf die Entwicklung industrialisierter Gebäudehüllensysteme für die Tiefenrenovierung abzielen.
5. Stärkung der Kreislaufwirtschaft
- Wiederverwendung von Materialien: Förderung der Nutzung von Recycling-Baustoffen zur Reduzierung der Materialkosten und Ressourcenknappheit.
- Lebenszyklusbasierte Ansätze: Berücksichtigung der gesamten Lebensdauer von Gebäuden bei der Bewertung von Renovierungsmaßnahmen.
Fazit
Die neuen EU-Vorgaben zur Renovierung von Nichtwohngebäuden stellen zweifellos eine Herausforderung für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit dar. Gleichzeitig bieten sie jedoch auch Chancen für Innovation, Wirtschaftswachstum und langfristige Kosteneinsparungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem ausgewogenen Ansatz, der die Ziele der Energieeffizienz mit den wirtschaftlichen Realitäten in Einklang bringt.
Durch die Kombination gezielter finanzieller Unterstützung, technischer Hilfe, regulatorischer Flexibilität und der Förderung von Innovation können die negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit abgemildert werden. Gleichzeitig kann die EU ihre Position als Vorreiter im Bereich der nachhaltigen Gebäudetechnologien stärken und so langfristig ihre globale Wettbewerbsfähigkeit verbessern.
Es ist entscheidend, dass politische Entscheidungsträger, Unternehmen und Forschungseinrichtungen eng zusammenarbeiten, um die Herausforderungen der Gebäuderenovierung in Chancen für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft zu verwandeln.