Die Baubranche durchläuft aktuell eine Phase tiefgreifender Veränderungen, während die Gebäudeautomation durch neue Regulierungen vor einem potenziellen Wachstumsschub steht. Die folgende Analyse untersucht beide Bereiche detailliert und stellt dar, wie sich diese unterschiedlichen Segmente der Bauindustrie in den kommenden Jahren entwickeln könnten.
Aktuelle Lage und Prognose der Baukonjunktur in Deutschland
Die deutsche Baubranche befindet sich derzeit in einer anhaltenden Krise, die durch verschiedene Faktoren verursacht wird. Für das Jahr 2025 prognostiziert der Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) einen weiteren realen Umsatzrückgang von 2,5 Prozent im Bauhauptgewerbe. Dies wäre bereits das fünfte Jahr in Folge mit realen Umsatzverlusten, was die Schwere der aktuellen Situation verdeutlicht. Der nominale Umsatz wird für 2025 mit etwa 159,9 Milliarden Euro weitgehend stagnierend erwartet, doch aufgrund einer prognostizierten Preissteigerung von 2,5 Prozent für Bauleistungen resultiert daraus der genannte reale Rückgang.
Sektorspezifische Entwicklungen
Die einzelnen Bausektoren weisen deutlich unterschiedliche Entwicklungstrends auf:
Wohnungsbau
Der Wohnungsbau gilt als das größte Sorgenkind der Baubranche. Nach einem drastischen Rückgang von 14,0 Prozent im Jahr 2024 wird auch für 2025 ein weiterer realer Umsatzrückgang von 7,0 Prozent prognostiziert. Die anhaltende Auftragsflaute setzt sich damit fort, was durch die hohen Baukosten, gestiegene Zinsen und die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit begründet ist. Allerdings könnten die Zinssenkungen im Jahr 2024 erste positive Effekte zeigen, wodurch die Zahl neuer Wohnungen um etwa 5 Prozent steigen könnte.
Wirtschaftsbau
Im Wirtschaftsbau wird für 2025 eine stabilere Entwicklung erwartet. Nach einem leichten realen Wachstum von 0,4 Prozent im Jahr 2024 wird für 2025 eine Stagnation (0 Prozent) prognostiziert. Dabei zeigt der Hochbau weiterhin Schwächen, während der Tiefbau von Infrastrukturprojekten profitieren dürfte. Die internationale Wirtschaftslage und daraus resultierende Investitionszurückhaltung bremsen jedoch ein stärkeres Wachstum.
Öffentlicher Bau
Der öffentliche Bau zeigt mit einem prognostizierten realen Wachstum von 0,2 Prozent für 2025 (nach 3,3 Prozent in 2024) eine verhaltene Entwicklung. Auch hier sind Unterschiede zwischen Hochbau, für den ein Rückgang von etwa 2,5 Prozent erwartet wird, und Tiefbau, für den ein leichtes Wachstum von etwa 1 Prozent prognostiziert wird, erkennbar.
Beschäftigungsperspektiven
Die anhaltenden Herausforderungen in der Baubranche wirken sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Nachdem im Jahr 2024 bereits rund 15.000 Stellen weggefallen sind, erwartet der ZDB für 2025 einen weiteren Abbau von etwa 7.000 Arbeitsplätzen. Diese Entwicklung ist besonders problematisch vor dem Hintergrund des bereits bestehenden Fachkräftemangels in der Branche.
Die Sparte der Gebäudeautomation: Regulatorischer Wachstumstreiber
Im Gegensatz zur allgemeinen Baukonjunktur steht die Gebäudeautomation vor einem potenziellen Wachstumsschub, der maßgeblich durch neue regulatorische Anforderungen getrieben wird.
Neue EU-Richtlinien als Marktmotor
Die überarbeitete EU-Gebäuderichtlinie EPBD (Energy Performance of Building Directive) schreibt ab dem 1. Januar 2025 verpflichtend Gebäudeautomations- und -steuerungssysteme sowie Monitoring in allen bestehenden und neuen Nichtwohngebäuden ab einer Gesamtnennleistung von 290 Kilowatt für Heizung und Klimatisierung vor. Diese Vorgabe stellt einen signifikanten regulatorischen Impuls dar, der zu erheblichen Investitionen in diesem Bereich führen dürfte.
Technische Anforderungen nach EPBD
Die ab 2025 geltenden Anforderungen umfassen fünf zentrale Funktionen:
- Kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse des Energieverbrauchs sowie die Möglichkeit zur Anpassung des Energieverbrauchs
- Benchmarking der Energieeffizienz des Gebäudes
- Erkennung von Effizienzverlusten gebäudetechnischer Systeme
- Bereitstellung von Informationen für das technische Gebäudemanagement mit Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz
- Kommunikationsfähigkeit mit angeschlossenen gebäudetechnischen Systemen und Interoperabilität mit Systemen unterschiedlicher Technologien, Geräte und Hersteller
Diese umfassenden Anforderungen setzen standardisierte, herstellerneutrale Kommunikationsprotokolle für die Gebäudeautomation voraus, beispielsweise BACnet, sowie die Verwendung einheitlicher struktureller Bezeichnungen der Objekte und Funktionen.
Vergleichende Analyse: Kontrast zwischen allgemeiner Baukonjunktur und Gebäudeautomation
Der Vergleich zwischen der allgemeinen Baukonjunktur und der Sparte der Gebäudeautomation offenbart interessante Gegensätze und Wechselwirkungen.
Divergierende Konjunkturerwartungen
Während die allgemeine Baubranche mit weiteren realen Umsatzrückgängen in 2025 rechnen muss, steht die Gebäudeautomation vor einem potenziellen Wachstum durch regulatorisch induzierte Nachfrage. Diese gegenläufige Entwicklung könnte die Gebäudeautomation zu einem wichtigen Wachstumstreiber innerhalb der Baubranche machen.
Wechselwirkungen zwischen energetischer Sanierung und Gebäudeautomation
Ein zunehmender Bedarf an energetischen Sanierungen bestehender Gebäude wird für die kommenden Jahre erwartet. Dieser Trend steht in direktem Zusammenhang mit den Anforderungen an die Gebäudeautomation, da moderne Automationssysteme wesentlich zur Energieeffizienz beitragen. Insbesondere der Austausch von Heizungssystemen und Maßnahmen zur energetischen Sanierung könnten 2025 zu einem weiteren Wachstum der Umsätze in der Baubranche beitragen.
Digitalisierung als gemeinsamer Nenner
Die Digitalisierung wird als treibende Kraft für Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen in der gesamten Bauwirtschaft gesehen. Technologien wie Building Information Modeling (BIM) und digitale Zwillinge spielen dabei eine zunehmend wichtige Rolle. Diese digitalen Technologien sind eng mit der Gebäudeautomation verbunden und könnten Synergieeffekte erzeugen, die beiden Bereichen zugutekommen.
Langfristige Perspektiven: Erholung und Transformation bis 2030
Erwartete Erholung der Baukonjunktur
Nach der prognostizierten Stabilisierung des Marktes im Jahr 2025 erwartet EY-Parthenon für 2026 ein leichtes Wachstum des Hochbauvolumens um 1,0 Prozent. Die Erholung wird voraussichtlich vom Wohnungsbau angeführt, getrieben durch die anhaltende Nachfrage nach Wohnraum, energetische Sanierungen und Förderprogramme. Sinkende Zinsen und stabilisierte Baukosten werden als wesentliche Faktoren für diese positive Entwicklung gesehen.
Strukturwandel in der Baubranche
Die aktuelle Krise könnte zu einem strukturellen Wandel in der Baubranche führen. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen stehen unter Druck, wie die zahlreichen Insolvenzen von Immobilienentwicklern und Bauunternehmen zeigen. Gleichzeitig eröffnen sich durch die verstärkte Nachfrage nach energieeffizienten Lösungen und die Digitalisierung neue Geschäftsfelder.
Gebäudeautomation als zukunftsweisendes Spezialgebiet
Die Gebäudeautomation dürfte sich in den kommenden Jahren zu einem besonders dynamischen Spezialgebiet innerhalb der Baubranche entwickeln. Die Kombination aus regulatorischen Anforderungen, technologischem Fortschritt und dem steigenden Bewusstsein für Energieeffizienz schafft günstige Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Wachstum in diesem Bereich.
Schlussfolgerung: Gebäudeautomation als Lichtblick in herausfordernden Zeiten
Die Analyse zeigt deutlich, dass die Gebäudeautomation trotz der allgemeinen Herausforderungen in der Baubranche überdurchschnittliches Wachstumspotenzial aufweist. Während die Gesamtbranche noch mit den Nachwirkungen mehrerer Krisenjahre kämpft, profitiert die Gebäudeautomation von regulatorischen Impulsen und dem Trend zu mehr Energieeffizienz.
Für Unternehmen in der Baubranche könnte eine verstärkte Spezialisierung auf die Gebäudeautomation eine strategische Option darstellen, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Die ab 2025 geltenden Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie könnten dabei als Katalysator wirken und Investitionen in diesem Bereich ankurbeln.
Langfristig dürfte die Gebäudeautomation eine zunehmend wichtige Rolle bei der Transformation des Gebäudebestands in Richtung Klimaneutralität spielen und damit zu einem integralen Bestandteil einer nachhaltigeren Bauwirtschaft werden.