§ 71a des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) verpflichtet große Nichtwohngebäude mit Heizungs- oder Klimaanlagen über 290 kW dazu, bis Ende 2024 mit Gebäudeautomation und digitaler Energieüberwachung ausgestattet zu sein. Diese Vorgabe stammt aus EU-Richtlinien zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor und soll signifikante Energieeinsparungen ermöglichen. Im Neubau verlangt das Gesetz fortgeschrittene Automationssysteme (Automationsgrad B nach DIN) inklusive systematischer Inbetriebnahme, während im Bestand vor allem ein kontinuierliches Monitoring aller Energieströme sowie ein Energiemanagement-Prozess vorgeschrieben sind. Studien und Experteneinschätzungen bestätigen die Wirksamkeit: Durch smarte Steuerung lassen sich 20–40 % Energie einsparen, was die höheren Investitionskosten oft in wenigen Jahren amortisieren lässt. Für Eigentümer und Betreiber ergeben sich durch § 71a GEG einerseits Pflichten und Herausforderungen bei der technischen Nachrüstung, andererseits Chancen auf reduzierte Betriebskosten, höhere Immobilienwerte und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Gesetzliche Rahmenbedingungen von § 71a GEG
Ursprung und Zielsetzung: § 71a GEG wurde im deutschen Gebäudeenergiegesetz verankert, um europäische Vorgaben zur Gebäudeautomation umzusetzen und die Energieeffizienz großer Gebäude zu steigern. Bereits die EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) 2018 forderte, dass alle Nichtwohngebäude mit großen Heizungs-, Kühl- oder Lüftungsanlagen bis 2025 mit bestimmten Funktionen der Gebäudeautomation ausgestattet werden. Deutschland hat diese Anforderung mit dem GEG (erstmals in Kraft ab November 2020) aufgenommen. Der Gesetzgeber erkannte damit das Potenzial der Gebäudeautomation als Schlüsseltechnologie im Gebäudesektor. Ziel ist es, den Energieverbrauch in großen Nichtwohngebäuden spürbar zu senken, Betriebsabläufe zu optimieren und zur Erreichung der Klimaschutzziele beizutragen. Durch Automations- und Kontrollsysteme sollen ineffiziente Anlagenbetriebsweisen erkannt und behoben werden, bevor unnötig Energie verschwendet wird. Damit leistet § 71a GEG einen wichtigen Beitrag im Kontext der deutschen Energiewende und der europäischen Fit for 55-Klimaziele (CO₂-Reduktion um 55 % bis 2030).
Einordnung im GEG: Das Gebäudeenergiegesetz fasst seit 2020 mehrere vorherige Vorschriften (EnEV, EnEG, EEWärmeG) zusammen und enthält umfassende energetische Anforderungen an Gebäude. § 71a ist im Teil über Anlagentechnik und Energieversorgung verortet und ergänzt die bestehenden Effizienzvorgaben um den Aspekt der digitalen Betriebsführung von Gebäuden. Er wurde durch die GEG-Novelle 2023 präzisiert (insbesondere hinsichtlich Bestandsgebäuden). Die Vorschrift richtet sich ausschließlich an Nichtwohngebäude – Wohngebäude fallen nicht unter § 71a. Außerdem gilt sie nur für Gebäude mit sehr großen Heizungs- oder Klimasystemen: Schwellenwert ist eine Nennleistung von über 290 kW der Heizungs- und Lüftungsanlagen (bzw. Klimaanlagen) im Gebäude. Zur Einordnung: Diese Leistung wird etwa in Bürogebäuden ab ca. 4.000–6.000 m² Nutzfläche erreicht. Ist ein Gebäudeensemble durch mehrere Heizkessel oder Kühlaggregate versorgt, so sind deren Leistungen zu summieren; entscheidend ist, ob die Gesamtleistung die 290 kW überschreitet. Damit zielt § 71a klar auf größere Gewerbe-, Industrie- und Verwaltungsbauten (z.B. Bürohäuser, Einkaufszentren, Krankenhäuser) ab, die insgesamt einen erheblichen Anteil des Energieverbrauchs im Gebäudesektor ausmachen.
Zeitplan und Fristen: Für bestehende Gebäude lässt das Gesetz eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2024 zur Nachrüstung zu. Neubauten mussten die Anforderungen hingegen von Beginn an erfüllen (d.h. für Bauanträge ab Inkrafttreten des GEG galt keine Übergangsfrist). Die Wahl des Enddatums 2024 hängt mit der EU-Vorgabe zusammen, die Umsetzung bis spätestens 2025 zu realisieren. Ab 2025 soll also in ganz Europa kein großes Nichtwohngebäude mehr ohne solche Automations- und Überwachungssysteme betrieben werden. Bereits heute ist absehbar, dass die EU diese Schwelle perspektivisch weiter senken will: Ab Ende 2029 soll die Verpflichtung voraussichtlich schon für Anlagenleistungen über 70 kW gelten. Gesetzgeber und Branche bereiten sich damit auf eine Ausweitung der Gebäudeautomation auf mittelgroße Gebäude vor – ein weiterer Schritt, um breiter Energieeinsparpotenziale zu heben.
Rechtlicher Kontext: Die Verpflichtung aus § 71a GEG ist rechtsverbindlich, Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit. Gemäß GEG § 108 können bei Nichteinhaltung Bußgelder verhängt werden, die je nach Schwere des Verstoßes beträchtlich ausfallen können (in schweren Fällen bis zu 50.000 €). Eigentümer großer Liegenschaften waren daher angehalten, frühzeitig aktiv zu werden, um die Frist 31.12.2024 einzuhalten und Sanktionen zu vermeiden. Gleichzeitig wurden Ausnahmen nur eng begrenzt diskutiert: Sollte im Einzelfall die Umsetzung nachweislich technisch oder wirtschaftlich nicht machbar sein (z.B. aufgrund extremer baulicher Hindernisse oder Unwirtschaftlichkeit), so müsste dies behördlich geprüft und ggf. eine Fristverlängerung erteilt werden. Im Regelfall jedoch gilt die Pflicht uneingeschränkt – dies wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) 2024 nochmals klargestellt. Eine BMWK-Stellungnahme betonte, dass § 71a ausschließlich auf Nichtwohngebäude >290 kW anzuwenden ist und kein Interpretationsspielraum für kleinere Gebäude besteht. Damit wurde Unklarheiten in der Branche begegnet und die einheitliche Anwendung sichergestellt.
Technische Anforderungen nach § 71a GEG
Überblick der Pflichten nach Gebäudetyp
Die technischen Vorgaben des § 71a lassen sich nach Gebäudetyp (Bestand vs. Neubau) unterscheiden. Grundsätzlich fordert Absatz 1 „ein System für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung“ bis Ende 2024. Die genauen Anforderungen variieren jedoch je nach Gebäudeart:
Anforderungen für Bestandsgebäude (Nichtwohngebäude mit > 290 kW)
Nachrüstung bis 31. Dezember 2024 erforderlich
Erforderliches System: Digitales Energieüberwachungssystem (Monitoring)
Messpflicht: Kontinuierliche Erfassung aller Haupt-Energieverbräuche und Anlagenzustände
Datenbereitstellung: Offene Schnittstellen für herstellerunabhängige Datenauswertung
Energiemanagement: Einrichtung eines kontinuierlichen Energieoptimierungsprozesses
Fehlermeldung: Automatische Erkennung und Meldung von Effizienzabweichungen
Anforderungen für Neubauten (Nichtwohngebäude mit > 290 kW)
Pflicht besteht seit Inkrafttreten des GEG (Neubauten müssen die Anforderungen von Beginn an erfüllen)
Erforderliches System: Gebäudeautomations-System (mindestens Automationsgrad B nach DIN V 18599-11:2018-09)
Zusätzliche Monitoring-Pflicht: Wie bei Bestandsgebäuden (Energieüberwachung, Schnittstellen, Energiemanagement)
Inbetriebnahmemanagement: Optimierung aller gebäudetechnischen Anlagen über mindestens eine Heiz- und eine Kühlperiode hinweg
Interoperabilität: Gebäudeautomation muss herstellerübergreifend funktionieren und Daten zwischen verschiedenen Systemen austauschen können
Anforderungen für Bestandsgebäude mit bereits vorhandener Gebäudeautomation
Nachrüstung bis 31. Dezember 2024 erforderlich (falls zusätzliche Anforderungen nicht erfüllt sind)
Erweiterung der bestehenden Automation: Sicherstellung der herstellerübergreifenden Kommunikation zwischen Automationssystemen
Keine weitere Nachrüstung erforderlich, wenn bereits Automationsgrad B oder höher vorhanden ist
Diese gestufte Vorgehensweise zeigt, dass Neubauten strengere Anforderungen erfüllen müssen, während Bestandsgebäude primär mit Monitoring-Systemen ausgestattet werden müssen. In allen Fällen liegt der Fokus darauf, Energieflüsse transparent zu machen und Optimierungspotenziale zu erschließen.
Gebäudeautomation vs. Energieüberwachung: Aus der obigen Übersicht wird deutlich, dass „Gebäudeautomation“ im Sinne des Gesetzes nicht in jedem Fall vollumfängliche Automatisierung aller Anlagen bedeutet, sondern gestuft zu verstehen ist. Im Gebäudebestand liegt der Fokus vor allem auf dem Monitoring der Anlagen – eine automatische Regelung im engeren Sinne (wie z.B. Adaptive Regelalgorithmen oder zentralisierte Gebäudeleittechnik) ist dort nicht pauschal verpflichtend, sofern sie nicht bereits vorhanden war. Vielmehr müssen alle wesentlichen Anlagen und Verbraucher mit Sensorik und Zählern versehen werden, um ihren Betrieb kontinuierlich zu überwachen, protokollieren und zu analysieren. Wichtig ist dabei die Standardisierung der Schnittstellen: Die erfassten Daten (z.B. Wärmeverbrauch, Stromverbrauch, Anlageneffizienzparameter) sollen über ein gängiges, frei konfigurierbares Interface auslesbar sein. Dadurch wird sichergestellt, dass Gebäudebetreiber oder externe Energiemanager die Daten herstellerunabhängig auswerten können – ein Punkt, der Interoperabilität und Datenhoheit betont.
Auf Basis der gewonnenen Daten sind anschließend Energieeffizienz-Zielwerte aufzustellen und regelmäßig mit den Ist-Werten zu vergleichen. Das Überwachungssystem soll Abweichungen erkennen, insbesondere Effizienzverluste gebäudetechnischer Systeme automatisch detektieren. Entdeckt das System also z.B. einen ungewöhnlich hohen Heizenergieverbrauch im Verhältnis zur Außentemperatur oder einen sinkenden Wirkungsgrad einer Anlage, muss diese Information an die zuständige Stelle gemeldet werden. Dazu verpflichtet das Gesetz, eine verantwortliche Person oder ein Unternehmen für das Gebäudeenergiemanagement zu benennen. Diese*r Energieverantwortliche soll die Daten kontinuierlich im Blick behalten, Optimierungsvorschläge erarbeiten und insgesamt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess initiieren. Praxisnah entspricht dies z.B. der Einbindung eines Energiemanagers oder Facility-Management-Dienstleisters, der regelmäßige Energieberichte erhält und Effizienzmaßnahmen (betriebsseitig oder investiv) anstößt.
Im Neubau werden über diese Monitoring-Grundfunktionen hinaus echte Automatisierungsfunktionen verlangt. Konkret fordert § 71a Abs. 3, dass neue Nichtwohngebäude (über 290 kW) mindestens Automationsgrad B erreichen. Automationsgrade definieren den Ausstattungsgrad eines Gebäudes mit Steuerungs- und Regeltechnik: Grad B entspricht dabei einem hohen Niveau bedarfsgerechter Automatisierung, während Grad A noch weitergehende Optimierungen (z.B. prädiktive, selbstlernende Steuerungen) darstellen würde. Ein System mit Automationsgrad B sorgt etwa dafür, dass Heizung, Lüftung und Klimatisierung lastabhängig geregelt werden und z.B. nur so viel Energie zugeführt wird, wie zur Aufrechterhaltung der Soll-Bedingungen nötig ist. In der Praxis bedeutet das z.B., dass Lüftungsanlagen nicht starr nach Zeitplan laufen, sondern anhand von Sensoren (Temperatur, CO₂-Gehalt, Feuchte) ihren Volumenstrom anpassen. Ebenso kann die Heizungsregelung Außentemperatur, interne Wärmelasten und Belegungsdaten berücksichtigen, um Überversorgung zu vermeiden. Ziel ist eine Optimierung in Echtzeit, die den Komfort gewährleistet, aber Energieverschwendung minimiert.
Zusätzlich muss bei Neubauten ein technisches Inbetriebnahmemanagement durchgeführt werden. Dieses umfasst insbesondere die Einregulierung aller Systeme über mindestens eine Heizperiode (Winter) und eine Kühlperiode (Sommer) hinweg. Dadurch wird sichergestellt, dass komplexe Anlagenverbünde (Heizung, Kühlung, Lüftung usw.) nach Fertigstellung nicht nur theoretisch den Vorgaben entsprechen, sondern auch praktisch im realen Betrieb optimiert sind. Erfahrungen zeigen, dass ein sorgfältiges Inbetriebnahmemanagement entscheidend für den tatsächlichen Erfolg von Effizienzmaßnahmen ist – Fehler bei der Anlageneinregulierung können sonst die prognostizierten Einsparungen erheblich schmälern. § 71a schreibt diese Praxis daher verbindlich vor, um einen optimierten Betriebsübergang zu gewährleisten.
Normative Anforderungen: Interessant ist, dass der Gesetzestext für Neubauten indirekt auf eine Norm verweist (DIN V 18599-11:2018-09) zur Definition des Automationsgrades B. Diese DIN basiert auf der europäischen Norm EN 15232 (heute EN ISO 52120), welche den Einfluss von Gebäudeautomation auf die Energieeffizienz beschreibt und Gebäude in Automationsklassen (A–D) einteilt. Klasse B entspricht einer guten Standard-Automation, bei der u.a. bedarfsgesteuerte Lüftung, adaptives Heizungs- und Kühlmanagement, zentrale Leittechnik mit Zeitprogrammen und Monitoring umgesetzt sind. Zwar werden Normen im GEG stets statisch zitiert (d.h. in der genannten Fassung), doch gibt dies Planern einen klaren Anhaltspunkt. Automationsgrad B kann als Benchmark gesehen werden – er stellt sicher, dass verschiedene Anlagen im Gebäude vernetzt kommunizieren (z.B. Heizungsregelung und Lüftungsanlage tauschen Informationen aus) und herstellerübergreifend funktionieren. Letzteres fordert auch § 71a Abs. 4 und Abs. 3 explizit: unterschiedliche gebäudetechnische Systeme und Fabrikate müssen sich in ein gemeinsames Automationssystem einbinden lassen. Dies betont die Bedeutung von Standardprotokollen (wie BACnet, LON, Modbus etc.) und offenen Systemarchitekturen bei der Umsetzung. In der Praxis empfiehlt es sich, auf etablierte, interoperable Lösungen zu setzen, um die Vorgaben zu erfüllen und zukunftssicher zu sein.
Wirtschaftliche Auswirkungen und Kosten-Nutzen-Analyse
Investitionsbedarf: Die Umsetzung von § 71a GEG bedeutet für viele Immobilienbesitzer und Unternehmen zunächst Investitionen in Technik und Planung. Die Nachrüstung eines umfangreichen Energie-Monitoring-Systems in einem bestehenden Gebäude kann je nach Ausgangslage fünf- bis sechsstellige Euro-Beträge kosten – insbesondere, wenn zahlreiche Zähler, Sensoren und eine zentrale Software-Infrastruktur installiert werden müssen. Hinzu kommt ggf. die Aufrüstung von Steuerungstechnik, falls man über das Mindestmaß hinausgehen möchte (z.B. Ventile mit Stellantrieben, steuerbare Pumpen, Gebäudeleittechnik). Bei Neubauprojekten lassen sich diese Kosten meist geringer halten, da die Automation von Beginn an mitgeplant wird. Im Bestand hingegen können bauliche Anpassungen (Nachrüsten von Messfühlern in Rohrleitungen, Verkabelung oder Funkstrecken zu entfernten Anlagenteilen) aufwändig werden. Zusätzlich entstehen laufende Kosten für den Betrieb des Energieüberwachungssystems und das Energiemanagement – sei es durch eigenes Personal (z.B. ein Energiemanager) oder durch externe Dienstleister.
Energieeinsparungen und Betriebswirtschaftlicher Nutzen: Diesen Kosten stehen jedoch erhebliche Einsparpotenziale gegenüber. Experten und Studien beziffern die möglichen Energie- und Kosteneinsparungen durch Gebäudeautomation auf ca. 20–30 % des Gesamtverbrauchs – in einzelnen Fällen sogar bis zu 40 %. Selbst eine moderate Gebäudeautomation (z.B. nur bedarfsgesteuerte Heizung ohne vollständiges BMS) kann noch rund 20 % Heizenergie einsparen. Diese Einsparungen schlagen sich direkt in reduzierten Energiekosten nieder. Bei einem großen Verwaltungsgebäude mit z.B. 1 GWh jährlichem Wärmeverbrauch könnten 20–30 % Einsparung etwa 200–300 MWh pro Jahr entsprechen – was bei aktuellen Energiepreisen einen fünfstelligen Euro-Betrag jährlich ausmacht. Die Amortisationszeit für die Investition in Gebäudeautomation ist daher oft relativ kurz. In Branchenpublikationen wird Gebäudeautomation als „kosteneffiziente Technologie mit kurzer Amortisationszeit“ beschrieben. Unter günstigen Umständen sind Payback-Zeiten von deutlich unter 5–6 Jahren erreichbar; Frankreich definiert beispielsweise im Rahmen der EPBD-Umsetzung eine Automation als immer machbar, sofern die Amortisationszeit unter 6 Jahren liegt. Dies verdeutlicht, dass die Wirtschaftlichkeit in den meisten Fällen gegeben sein dürfte. Wichtig ist allerdings, dass die Umsetzung optimal erfolgt – fehlerhafte oder unzureichend genutzte Systeme können die erhofften Einsparungen schmälern.
Neben der direkten Energiekosteneinsparung ergeben sich weitere betriebswirtschaftliche Vorteile: Ein Gebäude mit modernem Energiemanagement erreicht geringere Betriebskosten und ist weniger abhängig von Energiepreissteigerungen. Zudem wird der Wert der Immobilie gesteigert, da Effizienz und digitale Infrastruktur heute Kriterien für Mieter und Käufer sind. Auch im Hinblick auf ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) und nachhaltige Investitionen kann eine nachgerüstete Gebäudeautomation positiv bewertet werden, was die Finanzierung oder den Verbleib im Portfolio erleichtert. Unternehmen, die Portfolio-Liegenschaften betreiben, können durch zentralisiertes Monitoring Gebäude besser vergleichen und gezielt in die schlechtesten Objekte investieren – das verbessert die Asset-Performance insgesamt.
Fördermöglichkeiten: Um die anfänglichen Kosten abzufedern, bestehen Förderprogramme und Anreize. Im Rahmen der Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) können z.B. digitale Systeme zur Betriebs- und Verbrauchsoptimierung als Einzelmaßnahme förderfähig sein, sofern sie nachweislich zu Einsparungen führen (z.B. im KMU-Programm für Querschnittstechnologien oder durch KfW-Kredite mit Zuschussanteil für Nichtwohngebäude). Einige Bundesländer oder Energieversorger bieten zusätzliche Förderungen für Energiemanagement-Systeme an. Darüber hinaus verhindern Eigentümer mit der Umsetzung schlicht Bußgelder und sichern die Rechtskonformität ihrer Gebäude – was indirekt ebenfalls einen „Kosten-Nutzen“-Effekt hat, indem finanzielle Risiken vermieden werden. Nicht zuletzt gilt: Die frühzeitige Modernisierung kann zukünftigen strengeren Anforderungen vorgreifen. Wenn ab 2030 kleinere Anlagen (über 70 kW) betroffen sein werden, haben Vorreiter, die jetzt investieren, langfristig einen Vorteil und müssen später nicht erneut nachrüsten.
Auswirkungen auf die Branche: Aus makroökonomischer Sicht stimuliert § 71a GEG auch den Markt für Gebäudeleittechnik, Messgeräte und Energiedienstleistungen. Viele Fachfirmen (Systemintegratoren, Gebäudeautomations-Anbieter) verzeichnen eine erhöhte Nachfrage nach entsprechenden Lösungen seit Verkündung der Pflicht. Dies kann zu Skaleneffekten und sinkenden Preisen führen, da größere Stückzahlen von Sensoren/Steuerungen produziert werden und mehr Wettbewerb entsteht. Kurzfristig konnte es jedoch auch zu Engpässen kommen – sowohl bei Hardware (z.B. längere Lieferzeiten für Mess- und Regelkomponenten) als auch beim Fachpersonal für Planung und Installation. Insgesamt werden aber Arbeitsplätze im Smart Building-Sektor gesichert oder neu geschaffen, und Know-how in energieeffizienter Gebäudetechnik wird stärker nachgefragt. Langfristig dürfte die breite Implementierung von Gebäudeautomation dazu beitragen, die deutschen Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen, was auch gesellschaftliche Kosten für Energieimporte und CO₂-Emissionen reduziert. Eine Studie des Digitalverbands Bitkom schätzt, dass digitale Gebäudetechnik (Automation, smarte Steuerung) bis 2030 bis zu 14,7 Mio. Tonnen CO₂ einsparen kann – das wären fast 30 % der erforderlichen Emissionsminderung im Gebäudesektor. Diese Zahlen unterstreichen den gesamtwirtschaftlichen Nutzen, der über den individuellen Vorteil für Eigentümer hinausgeht.
Relevanz für die Praxis: Umsetzung, Herausforderungen und Best Practices
Die praktische Umsetzung von § 71a GEG stellt Eigentümer und Gebäudemanager vor verschiedene Herausforderungen – bietet zugleich aber auch Chancen, moderne Betriebsführungsstrategien zu etablieren. Im Folgenden werden die wichtigsten praxisrelevanten Aspekte beleuchtet:
Herausforderungen bei der Umsetzung: Viele Betreiber standen vor der Aufgabe, ihre Bestandsgebäude innerhalb weniger Jahre mit umfangreicher Messtechnik und IT-Systemen auszustatten. Insbesondere im Altbaubestand können bauliche Gegebenheiten problematisch sein: Das Nachziehen von Kabeln zu jedem Zähler oder Sensor ist nicht immer trivial; Alternativlösungen wie Funk-Sensoren müssen zuverlässig funktionieren (Funkausbreitung in Stahlbeton etc.). Auch die Integration bestehender Anlagen birgt Tücken – ältere Heizungs- oder Lüftungsanlagen haben mitunter keine digitalen Schnittstellen. Hier müssen Nachrüstgeräte (z.B. Impulsgeber für Zähler, Temperaturlogger oder Steuerungsnachrüstsets) eingebaut werden. Ein weiterer Punkt ist die Datenflut und IT-Sicherheit: Sobald ein Gebäude hunderte Datenpunkte kontinuierlich ausliest und vielleicht via Internet an ein Energiemanagement-Portal sendet, entstehen Anforderungen an Datenspeicherung, Auswertung und Cyber-Security. Betreiber müssen sicherstellen, dass die Systeme gegen unbefugten Zugriff geschützt sind, gerade wenn Gebäudeautomation mit Gebäudeleittechnik gekoppelt ist (Stichwort: Smart Building Cybersecurity).
Zeitlich war die Frist 31.12.2024 für manche Eigentümer ambitioniert – insbesondere, wenn die Gesetzesnovelle spät wahrgenommen wurde. Es zeigte sich ein Informationsdefizit: Nicht alle Immobilienbesitzer waren sich unmittelbar bewusst, dass ihre Gebäude unter die neue Pflicht fallen. Kampagnen von Fachverbänden und Energieagenturen (z.B. dena KEDi-Dossier) versuchten daher, die betroffenen Akteure frühzeitig zu informieren. Dennoch entstand Ende 2024 ein Nachrüst-Stau, der die erwähnte Kapazitätsknappheit bei Fachplanern verschärfte. In Einzelfällen mag dies zu Verzögerungsanträgen geführt haben, wenn etwa unverschuldet kein rechtzeitiger Umbau möglich war (Lieferverzug o.ä.). Insgesamt aber war die rechtzeitige Planung die wichtigste Best Practice: Eigentümer, die bereits 2021/2022 mit Vorstudien und Konzepten begannen, konnten die Umsetzung geordnet bis 2024 abschließen.
Chancen und positive Effekte: Trotz aller Mühen birgt die Implementierung der Gebäudeautomation erhebliche Vorteile für die Praxis. Transparenz über Verbräuche ist der erste Gewinn – viele Betreiber erhalten durch das neue Monitoring-System erstmals einen detaillierten Einblick, wo und wann Energie in ihrem Gebäude verwendet wird. Dieses Wissen ermöglicht gerichtete Optimierungsmaßnahmen: Beispielsweise kann man Betriebszeiten besser an den Bedarf anpassen, ineffiziente Geräte identifizieren (z.B. eine Pumpe, die permanent läuft) und Wartungsbedarf frühzeitig erkennen. Oft werden durch die Auswertung „low-hanging fruits“ sichtbar, also einfache Maßnahmen mit großem Effekt (z.B. Korrektur falsch eingestellter Regelkurven, Beseitigung von Parallelbetrieb von Heizung und Kühlung, etc.). Somit führt § 71a GEG die Betreiber an ein aktives Energiemanagement heran, das sich langfristig auch ohne gesetzliche Pflicht lohnt, weil es Einsparungen realisiert.
Zudem kann die Nachrüstung bestehender Gebäudeautomation den Weg zu einer weiteren Digitalisierung ebnen. Hat man einmal ein zentrales System installiert, lässt es sich oft mit zusätzlichen Smart-Building-Funktionen ausbauen. Beispiele sind Raumbuchungssysteme gekoppelt mit Klimasteuerung (Heizung/Kühlung geht automatisch in Sparmodus, wenn ein Raum ungenutzt ist), oder die Einbindung von PV-Anlagen und Energiespeichern, um Eigenstrom optimal zu nutzen. Solche Erweiterungen sind zwar nicht Teil der gesetzlichen Mindestanforderung, aber sie zeigen die Potentiale: Das Gebäude wird flexibler, intelligenter und kann sogar zur Netzentlastung beitragen (Stichwort Lastmanagement). Für Unternehmen ergeben sich Synergien mit zertifizierten Energiemanagementsystemen nach ISO 50001 – die gesetzliche Pflicht kann genutzt werden, um zugleich die Voraussetzungen für ISO-Audits (kontinuierliche Verbesserung, Messkonzept) zu erfüllen.
Best Practices: Verschiedene Fachorganisationen haben Leitfäden veröffentlicht, um Eigentümer bei der Umsetzung von § 71a zu unterstützen. Aus diesen und praktischen Projekterfahrungen lassen sich folgende Best Practices ableiten:
- Frühe Bestandsanalyse: Als erster Schritt sollte eine Bestandsaufnahme der Anlagentechnik erfolgen. Dabei wird ermittelt, welche Heizungs-, Lüftungs- und ggf. Kälteanlagen vorhanden sind und ob deren summierte Nennleistung über 290 kW liegt. Gleichzeitig wird geprüft, welche Schnittstellen die bestehenden Systeme haben (z.B. bereits ein GLT-System? vorhandene Zähler? Bussysteme?). Diese Analyse bildet die Grundlage für jede weitere Planung.
- Experten hinzuziehen: Gebäudeautomation ist ein komplexes Feld – daher ist es ratsam, Fachplaner für Gebäudeautomation oder Energiedienstleister früh einzubeziehen. Diese Experten können ein Konzept erstellen, das sowohl den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht als auch auf die individuellen Gegebenheiten des Gebäudes zugeschnitten ist. Sie wissen, welche Technik interoperabel ist und wie man Alt- und Neusysteme koppelt. Auch bei der notwendigen Dokumentation für den Nachweis der Gesetzeserfüllung unterstützen Fachbüros.
- Passende Systeme auswählen: Bei der Auswahl des Monitoring- und Automationssystems sollte auf Offenheit und Skalierbarkeit geachtet werden. Best Practice ist der Einsatz von herstellerneutralen Protokollen (z.B. BACnet) und Systemen, die mehrere Gewerke integrieren können. So wird die Forderung nach herstellerübergreifender Kommunikation erfüllt und man bleibt flexibel für zukünftige Erweiterungen. Für Bestandsgebäude kann es ausreichend sein, ein Energieüberwachungs-System (EMS) mit Web-Oberfläche zu installieren, das alle Zählerstände sammelt und auswertet. Für Neubauten hingegen wird meist ein vollwertiges Gebäudeleitsystem (GLT) implementiert, das neben der Datenerfassung auch Steuerungslogik enthält.
- Schulung und Change Management: Technik allein garantiert noch keinen Erfolg – wichtig ist, dass das Bedienpersonal bzw. der beauftragte Dienstleister das System richtig nutzt. Schulungen der Hausmeister, Techniker und Energiemanager sind daher essentiell, damit Alarme und Optimierungshinweise aus dem System auch verstanden und angegangen werden. Ein Change Management im Unternehmen kann unterstützen, die neuen Prozesse (z.B. regelmäßige Energie-Reportings, Kennzahlen-Reviews) zu etablieren.
- Kontinuierliche Verbesserung: Wie im Gesetz angelegt, sollte ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) eingeführt werden. Das Monitoring liefert fortlaufend Daten – diese sollten in festen Intervallen (z.B. monatlich) analysiert werden. Dabei können z.B. Kennzahlen wie kWh/m² verglichen und Benchmarks gesetzt werden. Durch den KVP stellt man sicher, dass die Energieeffizienz schrittweise steigt und etwaige Rückschritte (z.B. Verschlechterung durch geänderte Nutzung) auffallen. Viele Betreiber richten hierzu interne Energie-Teams ein oder nutzen externe Energieberater für jährliche Effizienz-Reviews.
- Dokumentation und Nachweis: Alle durchgeführten Maßnahmen und Einstellungen sollten sorgfältig dokumentiert werden – nicht nur um für eventuelle Kontrollen die Erfüllung von § 71a GEG nachweisen zu können, sondern auch als Wissensbasis. Ein Anlagenhandbuch mit den verbauten Komponenten, Schnittstellenbeschreibungen, Parametrierungen und Verantwortlichkeiten hilft im laufenden Betrieb und bei späteren Erweiterungen. Bei Neubauprojekten ist es sinnvoll, die § 71a-Anforderungen bereits in der Ausschreibung zu verankern und sich vom Anlagenerrichter die Konformität bestätigen zu lassen (ggf. in Form einer Abnahmeprüfungs-Dokumentation über den gesamten Probe-Betrieb in Heiz- und Kühlperiode).
Praxisbeispiel (fiktiv): Ein großes Verwaltungsgebäude von 10.000 m² mit Gasheizung (> 290 kW) wurde 2024 mit einem digitalen Energiemonitoring ausgestattet. Dabei wurden ~150 Messpunkte (Wärmemengen, Stromverbräuche, Temperaturen, Luftqualitätswerte) erfasst und in ein zentrales Dashboard eingespeist. Zusätzlich erhielt jede der 5 Lüftungsanlagen CO₂-Sensoren und eine bedarfsgerechte Steuerung (Automationsgrad B umgesetzt). Ein externer Gebäude-Energiemanager wertet monatlich die Daten aus und berichtet an die Geschäftsführung. Bereits im ersten Winter wurden Ineffizienzen erkannt: Zwei Lüftungsgeräte liefen nachts durchgehend – das System meldete Abweichungen von den Zielwerten. Durch eine Anpassung der Zeitpläne und Einsatz der Bedarfslüftung konnten sofort ~15 % Strom und Wärme eingespart werden. Insgesamt ergibt sich im ersten Jahr nach Umsetzung eine Energiekostenreduktion von 25 %, sodass sich die Investition von 120.000 € voraussichtlich in ~4 Jahren bezahlt macht. Gleichzeitig wurde das Gebäude komfortabler (weniger Zugluft) und das Klimabilanz-Reporting des Unternehmens verbesserte sich. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie technisches und organisatorisches Gebäudemanagement zusammenspielen und welche Vorteile sich aus § 71a ergeben können.
Expertenmeinungen und wissenschaftliche Perspektiven
Die Einführung von § 71a GEG wurde von Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaft intensiv begleitet. Branchenexperten begrüßen die Regelung weitgehend als notwendigen Schritt, um brachliegende Effizienzpotenziale zu heben. Björn Brecht, Vorstand der European Building Automation and Controls Association (eu.bac) und Experte für Gebäudeautomation, bezeichnet Gebäudeautomation als zentrale Schlüsseltechnologie, die nun verdientermaßen im Gesetz verankert wurde. Er betont, dass der Gesetzgeber hier das Potenzial erkannt habe, Gebäude smarter und energieeffizienter zu betreiben, und sieht § 71a als Impuls für Eigentümer “jetzt zu handeln”. Tatsächlich war vielen in der Branche klar, dass ohne eine Digitalisierung der Gebäudebetriebe die Klimaziele kaum erreichbar sind. Dr. Bernhard Rohleder (Bitkom) äußerte 2022 mit Blick auf den Gebäudesektor: „Den Kampf für das Klima gewinnen wir nicht allein mit dicker Dämmung, wir gewinnen ihn mit smarter Steuerung.“. Diese Aussage unterstreicht die neue Wertschätzung, die intelligente Automationssysteme genießen: neben klassischen Sanierungsmaßnahmen (Gebäudehülle, Anlagentechnik-Tausch) sind sie als dritte Säule der Energiewende im Gebäude anerkannt.
Wissenschaftliche Untersuchungen liefern Daten, die diese Ansichten stützen. Das Borderstep Institut fand in einer Studie (für Bitkom) heraus, dass bis zu 14,7 Mio. t CO₂ in Deutschland bis 2030 durch Automatisierung eingespart werden könnten. Ebenso zeigen internationale Studien und Pilotprojekte, dass verbrauchsadaptive Regelungen in großen Gebäuden erheblich zur Lastminderung beitragen. Beispielsweise verweist die EU-Kommission darauf, dass Gebäudeautomation meist wirtschaftlich machbar ist und in vielen Fällen eine sehr kurze Amortisationszeit besitzt. In einigen Ländern wurden klare Kriterien definiert: In Frankreich etwa gilt eine Maßnahme nur dann als wirtschaftlich unzumutbar, wenn die Amortisationszeit über 6 Jahren liegt – was impliziert, dass <6 Jahre Payback als Normalfall erwartet werden. Diese Einordnung deckt sich mit Erfahrungen aus der Praxis, wo gut implementierte Energiemanagement-Systeme oft 2–5 Jahre bis zur Kostendeckung benötigen.
Forschungsperspektive: Aus Sicht der Gebäudeforschung wird § 71a auch als Chance gesehen, mehr Daten über den realen Gebäudebetrieb zu erhalten. Wissenschaftler können zukünftig auf die in vielen Gebäuden erfassten Monitoring-Daten (in anonymisierter Form) zurückgreifen, um etwa Nutzerverhalten, Lastprofile und Optimierungsansätze zu analysieren. Dies kann zu weiteren Verbesserungen und Best-Practice-Empfehlungen führen. Zudem fördert die Vernetzung der Systeme neue Ansätze wie Predictive Maintenance (vorausschauende Wartung durch Sensorüberwachung) und selbstlernende Gebäudeleittechnik, was Gegenstand aktueller Forschung ist. Experten weisen jedoch auch darauf hin, dass Gebäudeautomation kein Selbstläufer ist: Die erzielten Einsparungen hängen stark von der qualitativen Umsetzung ab. Wird ein System falsch parametriert oder vom Nutzer umgangen (z.B. Sensoren deaktiviert, Sollwerte manuell hochgesetzt), verpufft der Effekt. Usability und Akzeptanz spielen daher eine große Rolle – ein Aspekt, dem zukünftige Forschungsprojekte verstärkt Aufmerksamkeit schenken (z.B. wie Bedienoberflächen gestaltet sein müssen, damit Hausmeister sie auch in vollem Umfang nutzen).
Kontroverse Punkte: Während grundsätzlich Konsens besteht, dass § 71a sinnvoll ist, gab es anfangs unterschiedliche Interpretationen über das geforderte Ausmaß der Automation im Bestand. Einige Industrievertreter meinten, es müssten komplette Gebäudeautomationssysteme nachgerüstet werden, andere sahen nur die Pflicht zur Verbrauchsüberwachung. Die Regierung (BMWK) und Fachinstitutionen (BBSR, dena) haben hier inzwischen für Klarstellung gesorgt: Für Bestandsgebäude reicht die digitale Energieüberwachungstechnik aus, eine Voll-Automatisierung wird nicht zwingend gefordert. Diese Präzisierung wurde von der Praxis begrüßt, da sie den Aufwand für Bestandshalter etwas reduziert und Fokus auf Monitoring legt, das bereits viel bewirken kann. Eine weitere Diskussion betrifft den Schwellenwert 290 kW: Künftig sollen ja auch mittelgroße Gebäude einbezogen werden. Hier gibt es Stimmen, die fordern, schon vor 2029 die Absenkung anzugehen, um auch z.B. Schulen, mittelgroße Bürogebäude etc. früher zum Einsatz von Automation zu bewegen – ggf. flankiert von Förderprogrammen, um die Investitionen zu unterstützen.
Zusammenfassend ziehen Experten eine positive Bilanz: § 71a GEG wird als großer Mehrwert angesehen, der das Thema Smart Buildings aus der Nische ins breite Anwendungfeld bringt. Deutschland hat damit einen wichtigen Teil der EU-Vorgaben umgesetzt und zugleich einen Standard gesetzt, an dem sich andere orientieren können. Wissenschaftlich wird der Erfolg daran gemessen werden, inwiefern die erwarteten Einsparungen tatsächlich eintreten – hier laufen in den kommenden Jahren sicher Evaluierungen, ggf. mit Anpassungen oder Ergänzungen (z.B. Einführung eines Smart-Readiness-Indikators SRI, wie ihn die EU-Richtlinie vorsieht, um Gebäude nach ihrem Digitalisierungsgrad zu bewerten). Auch die Fortbildung des Fachpersonals ist ein Anliegen: Verbände wie VDI und eu.bac bieten Schulungen und Checklisten an (z.B. die eu.bac BACS-Checkliste zur EPBD-Konformität), damit Planer und Prüfer genau wissen, welche Funktionen ein Gebäude erfüllen muss. Die Rückmeldungen aus der Praxis fließen in diese Gremien ein und helfen, zukünftige Anforderungen praxisgerecht zu gestalten.
Fazit
- 71a GEG markiert einen Meilenstein in der deutschen Gesetzgebung für energieeffiziente Gebäude. Erstmals wird nicht nur die Bauweise oder Anlagentechnik eines Gebäudes geregelt, sondern explizit auch dessen Betriebsführung durch digitale Systeme. Große Nichtwohngebäude müssen nun „intelligent“ betrieben werden – ein Paradigmenwechsel, der sowohl rechtliche Verpflichtung als auch Chance ist. Die Analyse der gesetzlichen Rahmenbedingungen zeigte, dass diese Vorschrift fest im Kontext europäischer Klimaziele steht und bereits den Ausblick auf künftige Verschärfungen (70 kW-Schwelle) beinhaltet. Technisch fordert § 71a einen Mix aus Monitoring-Instrumenten und Automations-Funktionen, der je nach Gebäudetyp variiert, aber in jedem Fall auf Transparenz und Optimierung abzielt. Die wirtschaftliche Betrachtung macht deutlich, dass die Investitionen in der Regel durch Einsparungen gerechtfertigt sind – Gebäudeautomation amortisiert sich meist in wenigen Jahren und bringt darüber hinaus Mehrwerte wie höheren Komfort und Wertsteigerung. Praktisch kommt es darauf an, die Umsetzung strukturiert anzugehen, mit professioneller Planung, offener Technik und geschultem Personal. Die Erfahrungen und Expertenstimmen unterstreichen, dass Gebäudeautomation kein theoretisches Konzept mehr ist, sondern in der Breite der Immobilienwirtschaft angekommen ist.
Für Immobilienbesitzer bedeutet dies, sich aktiv mit der eigenen Liegenschaft auseinanderzusetzen: Ist mein Gebäude bereits „fit“ gemäß § 71a? Wo stehen wir beim Energie-Monitoring? – Wer hier investiert, erfüllt nicht nur eine Pflicht, sondern erschließt Einsparpotenziale und Zukunftssicherheit. Für Experten und Wissenschaftler bietet die Umsetzung von § 71a ein spannendes Feld, um die Effektivität von Smart-Building-Maßnahmen real zu überprüfen und kontinuierlich zu verbessern. Insgesamt zeichnet sich ab, dass § 71a GEG mehr ist als eine bloße Vorschrift: Er katalysiert einen Kulturwandel im Gebäudebetrieb hin zur datengetriebenen, effizienten und klimafreundlichen Bewirtschaftung unserer Bauwerke. Damit leistet er einen wertvollen Beitrag, um den Gebäudesektor in die Klimaneutralität zu führen – gesetzlich verankert, wirtschaftlich sinnvoll und praktisch machbar.